Lead Scoring: Warum B2B Unternehmen Engagement scoren sollten
Lead Scoring gilt im B2B auch 2025 noch als Königsweg, um die Qualität von Leads zu bewerten und Vertriebsteams effizienter arbeiten zu lassen.
Die Idee klingt verlockend: Mit Content Leads anfüttern, sie nach bestimmten Kriterien bewerten und dann punktgenau in Kunden verwandeln.
Das Problem dabei ist, dass viele B2B-Unternehmen Downloads oder E-Mail-Öffnungen mit Kaufabsicht gleichsetzen.
Klassische Lead-Scoring-Modelle arbeiten mit statischen Kriterien.
Jobtitel, Unternehmensgröße oder das Öffnen einer E-Mail liefern zwar Zahlen, sagen aber wenig darüber aus, wann ein Interessent tatsächlich kaufbereit ist.
Das Ergebnis: Marketing klassifiziert Leads als "heiß", die in Wahrheit nur Informationen sammeln, während wirklich interessierte Kontakte unentdeckt bleiben.
Tatsächlich sind die meisten B2B-Leads nicht sofort interessiert an einer Lösung.
Sie wollen sich weiterbilden, up-to-date bleiben oder schlicht nichts verpassen.
Kaufinteresse entsteht erst dann, wenn im Unternehmen ein konkreter Bedarf entsteht.
Genau hier setzt Engagement Scoring an.
Statt isolierte Klicks oder Downloads zu zählen, bewertet es die Intensität und Abfolge von Interaktionen.
Es macht sichtbar, ob jemand oberflächlich konsumiert – oder ernsthaft auf eine Kaufentscheidung zusteuert.
In diesem Blogartikel beschreiben wir unsere Erfahrungen, wie Lead Scoring im Rahmen von Inbound Marketing funktioniert.
Dazu empfehlen wir Ihnen auch diese Folge unseres Podcasts "No leads, no fun".
Lead Nurturing und Lead Scoring: Wie hängen sie zusammen?
Lead Nurturing bedeutet nicht, sofort Kaufinteresse zu wecken.
Es geht vielmehr darum, Top of Mind zu bleiben: im Posteingang, auf LinkedIn, im Podcast oder über Webinare.
Wer über Monate oder Jahre regelmäßig hilfreichen Content erhält, erinnert sich an Sie, wenn im Unternehmen plötzlich Kaufinteresse entsteht.
Genau hier greift das Lead Scoring: Es soll sichtbar machen, wann aus einem interessierten Kontakt ein heißer Lead wird.
Nur: Klassisches Lead Scoring scheitert oft an der Realität.
Warum das klassische Lead Scoring Modell im B2B nicht ausreicht
Die Idee klingt einfach: Leads werden generiert und sammeln Punkte für jede Interaktion.
Wer genug Punkte hat, wird an den Vertrieb übergeben.
In der Praxis zeigt sich jedoch: Klassisches Lead Scoring greift zu kurz.
1. Fehleinschätzungen des Kaufinteresses auf Basis statistischer Kennzahlen
Ein Jobtitel oder eine Branchenzuordnung verrät, wer ein Lead ist – aber nicht, was er will.
Ein Marketingmanager, der ein Whitepaper herunterlädt, kann ebenso Forscher sein wie ein ernsthafter Kaufinteressent.
Im B2B-Bereich gilt unserer Erfahrung nach: Ein Großteil der Formulareinträge oder Downloads entsteht aus Informationshunger, nicht aus Kaufbereitschaft.
2. Überbewertung von Vanity-Metriken und fehlender Kontext
Mehrere E-Mail-Öffnungen oder ein paar Likes auf LinkedIn sind schnell gesammelt – doch sie belegen kein echtes Kaufinteresse.
Klassische Lead-Scoring-Modelle gehen davon aus, dass mehr Interaktion auch höhere Kaufabsicht bedeutet.
Ein Lead, der innerhalb von zwei Wochen mehrere Produktseiten besucht, sendet auch ein anderes Signal als jemand, der in einem Monat eine einzige Mail öffnet.
Herkömmliche Punktesysteme werten beide oft gleich, da sie den Kontext nicht berücksichtigen.
3. Notwendigkeit manueller Qualifizierung
Selbst mit KI-basierten Systemen bleiben wichtige Faktoren unberücksichtigt – etwa ein Jobwechsel, der plötzlich Kaufinteresse auslöst.
Ein Score allein ersetzt kein echtes Gespräch.
Die endgültige Qualifizierung muss ein Mensch übernehmen. Wir nutzen dazu einen Sales Development Rep (SDR), der im Gespräch prüft, ob es einen realen Pain Point gibt.
Natürlich ist die manuelle Datenpflege zeitaufwendig. Das ist wertvolle Zeit, die für Kundengespräche fehlt, was häufig vom Vertrieb bemängelt wird.
Aber: Hier geht es nicht um die manuelle Nachjustierung von Scores, sondern um die Beschaffung zusätzlicher, relevanter Informationen. Die Intervention durch einen SDR stellt sicher, dass ein Lead auch tatsächlich "heiß" ist.
Vom Lead Scoring zum Engagement Scoring
Bei takeoff haben wir uns vom klassischen Lead Scoring verabschiedet.
Die Erfahrung zeigt: Punktesysteme allein qualifizieren keine Leads.
Entscheidend ist, zu verstehen, wie intensiv und in welcher Reihenfolge sich ein Lead mit unseren Inhalten auseinandersetzt.
Wir sprechen deshalb von Engagement Scoring.
So funktioniert Lead Scoring mit Engagement:
Von Punkten zu Mustern
Statt nur zu bewerten, wer ein Lead ist, analysiert Engagement Scoring, wie intensiv und in welcher Abfolge jemand mit Ihren Inhalten interagiert.
Es geht nicht darum, isolierte Klicks zu zählen.
Entscheidend ist etwa die Abfolge:
- Erst eine Vergleichsseite lesen,
- dann ein Webinar besuchen,
- anschließend die Preisseite aufrufen.
Diese Sequenz sagt mehr über echtes Kaufinteresse aus als 30 wahllose Klicks.
Wichtig ist also die Kombination von Aktivitäten: Wer regelmäßig an Webinaren teilnimmt, anschließend Preisseiten besucht und dann noch Demos anfragt, zeigt ein vollkommen anderes Muster als jemand, der einmal ein Whitepaper herunterlädt.
Qualitative Bewertung und Gewichtung
Wir wollen kontinuierlich messen, wie stark sich ein Lead mit unseren Inhalten beschäftigt und ob sich das zu bestimmten Zeitpunkten oder auch plötzlich ändert.
Wir nutzen unser Scoring also quasi als "Temperaturmesser", der anzeigt, wann ein Lead wirklich aktiv wird.
- Wer öffnet regelmäßig unsere Updates?
- Wer besucht unsere Website auffällig oft?
- Wer schaut Webinare oder Videos bis zum Ende?
- Wer hört sogar jede Podcast-Folge?
All das fließt in ein Punktesystem. Steigt die Aktivität plötzlich an, schlägt unser System Alarm.
Dann übernimmt ein SDR. Kein aggressiver Verkauf, sondern ein klärendes Gespräch:
"Wie können wir helfen?"
Nicht jede Aktion ist dabei gleich viel wert.
Daher hilft es auch weiterhin (wie im klassischen Lead Scoring), Aktionen einen Wert zuzuordnen und diese zu gewichten:
- Low-Value: E-Mail öffnen (+2)
- Mid-Value: Case Study Download (+10)
- High-Value: Demo-Anfrage (+20)
- Negatives Engagement: Abmeldung (-20)
Account-Level statt Einzelperson
Gerade im B2B reicht der Blick auf einzelne Kontakte nicht.
Kaufentscheidungen fallen im Team.
Wenn mehrere Personen aus demselben Unternehmen aktiv werden, ist das ein starkes Signal.
Über Workflows lassen sich in HubSpot etwa Scores auf Unternehmensebene übertragen oder aggregieren. So kann man Signale mehrerer Personen bündeln.
Integration von Intent-Daten
Noch aussagekräftiger wird das Modell natürlich, wenn externe Recherchesignale dazukommen. HubSpot zum Beispiel ermöglicht es, zusätzlich zu den eigenen Website-Signalen (First-Party-Data) auch Buyer-Intent-Data über die Clearbit Buyer Intent Technology und Breeze Intelligence zu nutzen (Third-Party-Data).
Wenn ein Unternehmen zu bestimmten Keywords verstärkt recherchiert und gleichzeitig Ihre Inhalte nutzt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer konkreten Kaufabsicht erheblich. Mit KI lassen sich Muster natürlich noch schneller erkennen.
Schwellenwerte bestimmen
Legen Sie fest, wann Marketing weiter nurturen sollte, wann ein persönliches Follow-up sinnvoll ist und wann der Vertrieb übernimmt.
Ein Beispiel:
- Ein Lead lädt ein Whitepaper herunter und öffnet anschließend zwei Newsletter. Das ist ein gutes Signal – aber noch kein Kaufinteresse. → Marketing bleibt dran und bietet weiter hilfreichen Content an.
- Derselbe Lead besucht kurze Zeit später ein Webinar und schaut sich danach die Preisseite an. → Ein persönliches Follow-up durch Marketing, etwa per individueller Mail oder LinkedIn-Nachricht, ist sinnvoll.
- Wenn der Lead schließlich ein Beratungsgespräch anfragt oder mehrfach Produktseiten besucht, → ist der richtige Zeitpunkt gekommen, den Vertrieb einzuschalten.
Feedbackschleifen etablieren
Überprüfen Sie regelmäßig, ob hoch bewertete Leads auch wirklich konvertieren.
Holen Sie dazu Feedback vom Vertrieb ein.
Fragen Sie regelmäßig:
- Haben die Leads mit hohem Score tatsächlich gekauft?
- Waren manche als "heiß" bewerteten Leads in Wirklichkeit nur Informationssammler
- Welche Signale haben in der Vergangenheit Kaufentscheidungen angekündigt?
B2B Lead Scoring weiterdenken – warum Engagement das bessere Signal ist
Klassisches Lead Scoring liefert Zahlen – aber keine Sicherheit.
Es bewertet Klicks und Downloads, übersieht aber die entscheidende Frage: Wann ist ein Lead wirklich bereit für ein Gespräch mit dem Vertrieb?
Engagement Scoring geht hier einen Schritt weiter.
Es betrachtet Muster statt Einzelaktionen, gewichtet Interaktionen nach ihrer Relevanz und macht sichtbar, wenn ein Kontakt vom Informationssammeln ins Kaufinteresse kippt.
Die Vorteile:
- Marketing erkennt, wo es sinnvoll ist, weiter zu nurturen.
- Vertrieb konzentriert sich auf Kontakte mit echtem Potenzial.
- Beide Teams arbeiten auf Basis gemeinsamer Signale – und nicht auf Bauchgefühl.
Unsere Empfehlung: Starten Sie klein.
Definieren Sie zunächst ein paar relevante Interaktionen und testen Sie, wie sich diese in der Praxis bewähren.
Ergänzen Sie Schritt für Schritt weitere Signale, ziehen Sie regelmäßig Feedback aus dem Vertrieb ein – und entwickeln Sie so ein System, das zu Ihrem Markt und Ihren Kunden passt.
Am Ende geht es nicht darum, Leads mit Punkten zu überhäufen, sondern den richtigen Moment zu erkennen, um einzuladen: zu einem Gespräch, zu einem Angebot oder zu einer Partnerschaft.